Die Stadt Plovdiv liegt im Süden Bulgariens und zählt eine sehr große Straßenkatzenpopulation. Nach unseren eigenen Schätzungen leben hier mehr als 100.000 Straßenkatzen. Da Katzen viel unauffälliger als Hunde in Großstädten sind, bleibt ihr Leid oft verborgen und sie leiden im Stillen. Streunende Hunde werden in der Regel von staatlicher Seite eingefangen und im städtischen Tierheim zur Kastration kastriert und wieder freigelassen. Doch für streunende Katzen gibt es ein solches Programm in Bulgarien nicht.
Im Jahr 2016 eröffneten wir daher ein Kastrationszentrum in Plovdiv und starteten, zusammen mit der Welttierschutzgesellschaft e.V. unser eigenes Kastrationsprogramm für Katzen.
Wir haben in den ersten vier Jahren Bestehen des Kastrationszentrums über 10.000 Katzen kastriert und wissen, dass dies nur ein kleiner Teil der Gesamtpopulation ist. Mit dem dauerhaften Fortbestehen des Kastrationszentrums möchten wir erreichen, dass wir die nächsten Jahre rund 70 % der Straßenkatzen kastrieren und somit verhindern, dass ungewollter Katzen-Nachwuchs weiter geboren wird.
Seit dem 1. Oktober 2020 steht der ETN e.V. - Europäischer Natur- und Tierschutz e.V. als strategischer Partner an unserer Seite.
Der ETN engagiert sich national und international im Bereich des Tier- und Naturschutzes. Bereits seit vielen Jahren setzt sich der Verein für groß angelegte Kastrationensaktionen im In- und Ausland ein, für Aufklärung in der Bevölkerung und ein Umdenken in der Politik im Umgang mit Straßentieren. Der ETN fokussiert sich stark auf nachhaltigen Tierschutz und hat bereits zahlreiche Kastrationsaktionen in Süd- und Osteuropa sowie in Deutschland organisiert und begleitet.
Die Streunerhilfe Bulgarien organisiert seit 2012 regelmäßig Kastrationsaktionen, doch die Katzen vermehren sich viel schneller als wir überhaupt kastrieren können. Nur eine großflächige und dauerhafte Kastrationsmaßnahme, wie es in einem Kastrationszentrum möglich ist, kann langfristig die Lösung sein.
Im Kastrationszentrum stehen vier Räumlichkeiten zur Verfügung – ein OP-Raum, zwei Untersuchungsräume mit angeschlossener Kranken- und Aufwachstation und ein Karantäne-Raum für die kranken Katzen oder diejenigen, deren gesundheitlichen Status noch unklar ist.
Das Team besteht aus zwei Tierärzten, einer Ansprechpartnerin für den Katzenfang sowie der Projektleitung, zuständig für die Koordination und die Administration. Das Kastrationszentrum ist sehr zentral gelegen – nur 10 Gehminuten vom Stadtkern/Fußgängerzone entfernt und hat eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehrsmittel. Das war uns besonders wichtig, dass uns die Bürger, die Tiere zur Kastration bringen möchten, auch per Bus erreichen können.
Die Ansprechpartnerin für den Katzenfang begibt sich täglich auf die Straßen, um Katzen für die Kastration einzufangen. Zusätzlich dazu klärt sie die Bevölkerung auf und munter zur Kooperation auf. Denn darauf bauen wir – dass immer mehr Bürger die Wichtigkeit der Kastrationen verstehen und selber tätig werden und selber Straßenkatzen einfangen und in das Kastrationszentrum bringen.
Nach der OP können diese bis zur vollständigen Erholung stationär in der Klinik bleiben (je nach Fall bis zu 3 Tagen möglich) und werden anschließend an ihren angestammten Platz freigelassen.
Fotos: Rosalin Schmiech, Bilder von der Kastrationskampagnen 2021. An diesem Wochenende wurden 134 Tiere kastriert!
Die Anfänge
Für uns war es ein riesengroßer Schritt nach vorn in Richtung nachhaltiger Tierschutz. Natürlich freuen wir uns sehr über jede gelungene Vermittlung und jedes geheilte Tier, aber endlich können wir jetzt selbst daran arbeiten, dass vielleicht eines Tages nicht mehr so viele Streuner die Straßen Plovdivs bevölkern! Deshalb wollen wir genau hier ansetzen: Leid im Vorfeld verhindern. Durch Kastrationen!
Das Kastrationszentrum in Plovdiv enstand 2016 als gemeinschaftliches Projekt mit der Welttierschutzgesellschaft. Die Welttierschutzgesellschaft e.V. (WTG) ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin. Mit Projekten und Ausbildungsprogrammen in Entwicklungs- und Schwellenländern sowie durch politische Tierschutzkampagnen in Deutschland schaffen sie die Voraussetzungen für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen von Haus-, Nutz- und Wildtieren. Die Welttierschutzgesellschaft förderte das Projekt bis Juli 2020.
Fotos: Rosalin E. Schmiech