KastrationsprojektE in Sofia


2021 hat sich ein kleines Team von Ehrenamtlichen, mit denen wir seit langer Zeit zusammenarbeit, mit der Bitte um Unterstützung bei Katzenkastrationen in einem einem armen Wohnviertel der Hauptstadt Sofia an uns gewandt. Sie haben sich der ehrgeizigen Aufgabe gestellt, das Leben von streunenden Katzen in der Nachbarschaft nachhaltig zu verändern. Nach dem Prinzip Trap-Neuter-Return (Fangen, Kastrieren, Zurückbringen) werden die Katzen nach der Kastration erneut an ihren angestammten Plätzen zurückgebracht. Die Streunerhilfe Bulgarien unterstützt finanziell das Projekt, indem sie die Kosten für die Kastrationen und die medizinische Behandlungen in der Tierklinik übernehmen.

Das war der Startschuss im Jahr 2021:

 

Diana, eine der Ehrenamtlichen vor Ort in Sofia schreibt:

"Mein Name ist Diana und obwohl ich jahrelang unermüdlich in meiner Wohngegend kastriert habe, kamen immer neue Katzen dazu. Jahr für Jahr, Saison für Saison - kleine und große Katzenbabys, erwachsene Katzen. Manche von ihnen nahm ich mit nach Hause, ließ sie behandeln, suchte neue Zuhause für sie, immer und immer wieder. Es war wie ein Fass ohne Boden.

 

Ich wusste, dass es sie außerhalb des von mir kontrollierten Bereichs gab, und sie immer mehr  wurden, aber ich geriet  jedes Mal in innerer Panik bei dem Gedanken, was mir dort begegnen würde. - der nächste schwere Notfall, die nächsten verzweifelten Katzenbabys… bis ich irgendwann mit mir selbst gekämpft habe und die Handvoll Katzenhelfern aus dem Wohnviertel zusammen trommelte. Wir entschieden, mit gemeinsamer Anstrengung dieses Projekt zu starten, mit dem Ziel alle Straßenkatzen in unserem Wohnviertel einzufangen, kastrieren und wieder frei zu lassen. Und so fing alles an.

 

 Ziele:

  • Die Überpopulation von streunenden Katzen in der unmittelbaren Nachbarschaft zu begrenzen und zu kontrollieren
  • Ein nachhaltiges Modell für die Beobachtung des Bestandes und die Kastration neu hinzukommender Katzen soll etabliert werden.
  • Die Bewohner des Viertels werden in das Projekt involviert, um sie nachhaltig für die Sache zu begeistern.

Die Umgebung:

Es handelt sich um ein der wirtschaftlich ärmsten Wohnviertel der Hauptstadt mit einer Bevölkerung von etwa 15.000 - 18.000 Einwohnern. Hier leben etwa 20 Katzenkolonien mit bis zu jeweils 25 - 30 Katzen.

Fotos: Rosalin Schmiech, Die Katzen werden in Lebendfallen gelockt und dann zur Klinik gefahren.
Fotos: Rosalin Schmiech, Die Katzen werden in Lebendfallen gelockt und dann zur Klinik gefahren.

Was wird benötigt?

Obwohl wir stets versuchen mit allem möglichst sparsam umzugehen, entstehen während und nach Kastrationen von Straßentieren oft zusätzliche medizinische Kosten wie beispielsweise für:

  • Zahnextraktion
  • Behandlung von Abszessen, die hauptsächlich durch den Kampf unkastrierter männlicher Katzen untereinander entstanden sind
  • Behandlung anderer Entzündungen, für die Depot-Antibiotika benötigt werden
  • einige Tage stationäre Behandlung (z.B. wenn das Tier scheu ist und Medikamente nicht regelmäßig auf der Straße oral verabreicht werden können)
  • Bluttests bei Tieren mit schlechtem Allgemeinzustand
  • Notfälle, die nicht abgelehnt werden können
  • Entwurmung für innere und äußere Parasiten, ggf. punktuelle Kombinationspräparate, die auch bei scheuen Katzen (während der Fütterung) verabreicht werden können.
  • Futter (Trocken- und Nassfutter) für ca. 60 Katzen

Warum Kastrationen?

Bisher ist dies die einzige funktionierende Methode, um die Überpopulation von Katzen weltweit zu begrenzen. Eine Überpopulation bedeutet Leiden. Es bedeutet mehr, viel mehr Krankheiten, es bedeutet weniger Überlebensressourcen, weniger Nahrung, weniger Verstecke an eisigen Wintertagen und -nächten, es bedeutet Feindseligkeit seitens der Menschen beim Anblick einer Kolonie von kleinen und großen Katzen mit einem erschöpften und kranken Aussehen. Viele Katzen an einem Ort bedeuten automatisch Katzen mit geschwächter Immunität, anfällig für alle Arten von Viren, Krankheiten, mutierten Stämmen, es bedeutet Qual, Leiden, langsamer und schmerzhafter Tod. 

 

Eine der Diagnosen, auf die die Freiwilligen in ihrem Umgang mit den streunenden Katzen in den letzten Jahren zunehmend stoßen und die inzwischen fast epidemiologischer Natur ist, ist die Stomatitis. Dies ist ein äußerst schmerzhafter Zustand, der schwer zu behandeln, zu kontrollieren und zu steuern ist, insbesondere bei scheuen Tieren.

 

Es wird angenommen, dass der Zustand autoimmuner Natur ist. Bei Katzen mit der Krankheit reagiert das Immunsystem auf Zahnbelag über, was eine oft überwältigende Entzündungsreaktion im Gewebe von Mund, Rachen und sogar darunter liegenden Knochen auslöst.

 

Da die Stomatitis bei Katzen sehr schmerzhaft ist, können die Symptome bei Kätzchen Verhaltensänderungen und Essverweigerung umfassen, was zu Dehydration, Gewichts- und Muskelverlust führen kann. Andere Anzeichen der Krankheit sind übermäßiges Sabbern, extremer Mundgeruch und sogar der zugrunde liegenden Knochen.

Die Behandlung fortgeschrittener Fälle von feliner Stomatitis umfasst eine vollständige (FME) oder eine teilweise Extraktion (PME) der Zähne. So drastisch diese Option auch erscheinen mag, sie ist die einzige Möglichkeit, den erkrankten Katzen eine langfristige Linderung und eine Rückkehr zu einem guten Gesundheitszustand zu verschaffen.